Liebe Menschen in der Gemeinde und darüber hinaus!
Möchten Sie sich dieses "Wort an die Gemeinde" anhören?
Wie schnell eine Idee überholt werden kann, konnten wir letzte Woche erleben. Kaum war das „Wort an die Gemeinde…“ über die neuen Impfstoffe heraus und der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass es nun endlich mit den Impfungen vorangeht und der Impfzug volle Fahrt aufnimmt, da kam diese Nachricht von den Nebenwirkungen von AstraZeneca und der durch den Gesundheitsminister verordnete Impfstop. So kann es gehen! Alles zurück auf Anfang. Warten, prüfen, neuorientierten. Heute wissen wir mehr! Der Zug kann weiterfahren und die Sorge, dass nicht schnell genug Impfstoff verimpft werden kann, lässt sogar in einigen Bundesländern die Vorbehalte gegen den russischen Impfstoff „Sputnik V“ sinken.
Die letzte Woche war kirchlich ereignisreich. Jedenfalls für die Katholische Kirche. Das neue (ich habe Ihnen hier mal den ganzen Titel aufgeschrieben) das neue „Gutachten zu den Pflichtverletzungen von Diözesanverantwortlichen des Erzbistums Köln im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und Schutzbefohlenen durch Kleriker oder sonstige pastorale Mitarbeitenden des Erzbistums Köln im Zeitraum von 1975 bis 2018“ wurde veröffentlicht und die ersten Verantwortlichen benannt und auch schon Konsequenzen gezogen. Warum es ein zweites Gutachten brauchte, erschließt sich mir nicht wirklich, es sei denn, dass diejenigen, die schon beim ersten Gutachten Angst vor Entdeckung hatten, hier Einspruch erhoben haben. Wir werden sicher dazu in den nächsten Wochen noch so einiges erfahren, denn beide Gutachten sind zugänglich und sollen Interessierten einsehbar gemacht werden.
Gestern war der Sonntag Judika. „Schaffe mir Recht…“ so übersetzt Martin Luther im 43. Psalm, der diesem Sonntag den Namen gegeben hat. Dazu passt natürlich dieses Thema. Über viele Jahre ist vertuscht worden, was nicht hätte vertuscht werden dürfen. Aber die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle mit allen Konsequenzen verläuft doch nur zögerlich und schleppend, wie diese Gutachtengeschichte aus Köln auch wieder zeigt. Nun wollen wir sehen, ob aufgeklärt und aufgedeckt wird und Verantwortliche Konsequenzen ziehen. Auch wird die Systemfrage zu stellen sein, also ob das System innerhalb der katholischen Kirche dazu beiträgt, dass die Täter und die „Vertuscher“ sich derartige Untaten erlauben können, ohne belangt zu werden. Diejenigen, die die Moral vor sich hertragen, sind umso mehr dazu aufgefordert, sich selbst daran zu halten.
Aber wie gesagt, gestern war der Sonntag Judika. Der vorgeschlagene Predigttext kam aus dem Buch Hiob. Von Hiob haben sie sicher schon gehört. Jedenfalls die sprichwörtlich gewordene Hiobsbotschaft ist hinlänglich bekannt. Ich will kurz die Geschichte in Erinnerung rufen: Hiob ist ein gesegneter Mensch, bis eines Tages alles Unglück der Welt über ihn zusammenbricht. Aufgrund einer Wette zwischen Gott und dem Teufel verliert Hiob all sein Hab und Gut, seine Kinder kommen zu Tode, er selbst wird krank. Drei Freunde besuchen ihn; ihre Gespräche drehen sich um die Frage: Wer ist an diesem Unglück schuld? Dass jemand an einer solchen Lawine von Unglücksfällen schuld sein muss, steht außer Frage. Die drei Freunde haben eine Antwort schnell parat: Hiob muss selbst an seinem Unglück schuld sein, weil er sich gegen Gott versündigt hat. Hiob bestreitet das und antwortet im 19. Kapitel des Hiobbuches (der Predigttext):
„Alle meine Getreuen verabscheuen mich, und die ich lieb hatte, haben sich gegen mich gewandt. Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon. Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, ihr meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen! Warum verfolgt ihr mich wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch? Ach dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift, mit einem eisernen Griffel und mit Blei für immer in einen Felsen gehauen!“
Hiob verweist auf Gott - „…denn die Hand Gottes hat mich getroffen…“ - das würden wir heute sicher so nicht mehr sagen und doch bleibe die Fragen. Warum lässt Gott das Leiden zu? Dass Hiob hier durch den Satan geprüft wird, lassen wir mal dahingestellt sein. Das ist sicher eine gesonderte Untersuchung wert.
Mit dem Sonntag Judika verdichtet sich das Passionsgeschehen. Mit dem Leiden Hiobs rückt auch das Leiden Jesu in den Blick, rückt das Kreuz in den Blick. Das Kreuz ist vielen Menschen ein Ärgernis. Nicht in dem Sinne, wie es der Apostel Paulus im ersten Korintherbrief schreibt (1,23): „Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit.“ Nein, vielen Menschen – auch Christen – ist das Kreuz ein Ärgernis, weil sie erstens darin nur noch ein antikes Folterwerkzeug sehen und dadurch zweitens an den Tod erinnert werden. Warum, fragen diese Menschen, hat ein Glaube, in dessen Zentrum die Liebe steht, ein so brutales Erkennungszeichen? Was früher fraglos hingenommen wurde, ist heute in den Augen von immer mehr Menschen nur noch paradox, unsinnig. Je mehr der Glaube an die Auferstehung und an die Erlösung schwindet, desto stärker steht das Kreuz nur noch für Mord und Tod. Es wird als bedrückend empfunden, als düster, als Sinnbild für Leid und Elend. Und selbst für diejenigen, für die das Kreuz nicht nur der Ort ist, an dem Jesus starb, sondern für die das Kreuz eben auch das Symbol unserer Erlösung ist – weil Jesus nicht im Tod geblieben ist – bleibt das Kreuz fragwürdig. Warum musste Christus sterben? Warum wusste Gott keinen anderen Weg zu unserer Erlösung? Was ist das für ein Gott, der seinen Sohn so fürchterlich zugrunde gehen lässt? Und warum steht das Kreuz immer noch in unserem Leben? Und auch hier: Warum müssen Menschen leiden? Was bedeutet mir das Kreuz Jesu und wie stehe ich zum Leiden in der Welt? Diese Fragen können an unserem Glauben nagen, sie können uns aber auch begleiten und immer wieder zum Handeln anspornen, sich dem Leiden, dem eigenen, wie dem anderer Menschen, entgegenzustellen. Denn Leiden hat keinen Sinn, es sei denn den, dass es überwunden wird.
Liebe Menschen in der Gemeinde und darüber hinaus!
Corona hält uns weiter fest im Griff.
Der Kirchengemeinderat hat vorerst beschlossen, die Präsenzgottesdienste auszusetzen. „Bis auf Weiteres“ müssen wir noch darauf verzichten, am Sonntag zusammen zu kommen.
Der Kirchengemeinderat behält sich aber vor, kurzfristig auf Änderungen zu reagieren, wenn die Zahlen besser werden. Aber um gemeinsam das Ziel der geringeren Neuinfektionen zu erreichen, wollen wir unseren Beitrag als Kirchengemeinde in Brügge und Umgebung dazu tun. Im Moment steigen ja auch die Zahlen wieder und darum ist es nur vernünftig, hier noch Zurückhaltung walten zu lassen. Das ist alles sehr bedauerlich! Wir werden sehen, was die Ministerpräsidentenkonferenz sich für die nächste Zeit ausdenkt. Es wird sicher nicht besser. Für uns heißt das erstmal sonntags keine Gottesdienste, Amtshandlungen finden unter den gebotenen Hygieneregeln und entsprechenden Besucherbeschränkungen statt. So auch die Konfirmandentaufen, die wir an den nächsten Sonntagen feiern wollen.
Zu den Gottesdiensten an Ostern kann ich noch nichts sagen. Die Hoffnung ist gering, dass wir Gottesdienste feiern können.
Zum Schluss habe ich noch ein kleines Schmankerl für Sie. Unsere Orgel in der Kirche wird 200 Jahre alt. Rolf Pohlmeyer, unser Kirchenchronist, hat dazu recherchiert und einen Text geschrieben, der am kommenden Mittwoch in der Bordesholmer Rundschau erscheinen wird. Für alle, die die Zeitung nicht bekommen, hier schon einmal eine Vorabveröffentlichung:
200 Jahre Orgel in Brügge (Rolf Pohlmeyer, Brügge im März 2021)
Schon für das 17. Jahrhundert lässt sich eine Orgel in der St. Johannis-Kirche nachweisen. 1821 stiftete der Schönhorster Erbpächter Johann Dose eine Neue.
Sie wurde von dem bekannten nordschleswigschen Orgelbauer Jürgen Marcussen aus Apenrade geschaffen. Viele Kirchen hat die neue noch bestehende Firma in Schleswig-Holstein und Dänemark mit ihren Instrumenten ausgestattet.
Über den Spieltisch der Orgel steht geschrieben: „Johann Dose, Erbpächter auf Schönhorst stiftet dies Denkmaal zum Preise des Herrn, Ostern 1821.“
Der Brügger Pastor Adalbert Paulsen (1897-1921) schrieb die Geschichte des Kirchspiels und auch zum Bau der neuen Orgel folgendes:
„Im Jahre 1819 schenkte der Erbpächter zu Schönhorst, Johann Christoph Dose 1000 Thaler zur Erbauung der Orgel. Zunächst musste die Turmtreppe verlegt werden, die Kirchstühle des Herrn Dose und des Krämers Beyer an die nördliche Seite gegen die Kanzel hingesetzt werden. Auf Wunsch des Herrn Dose wurde auch die seit vielen Jahren vermauert gewesene Tür nach Norden wieder hergestellt. Orgelchor und Bemalung, aber auch Anfertigung der Orgelbekleidung wurde von der Gemeinde besorgt.
Erbauer der vortrefflichen Orgel ist der Mechanikus Marcussen aus Sundewitt nebst seinem Gehilfen Reuter. Herbst 1819 übernahm er den Bau. Herbst 1820 lieferte er sie zu Schiff nach Kiel, wo die Gemeinde sie abholte.
Bis Ostern 1821 arbeitete er mit seinem Kompagnon an der Zusammensetzung des Werkes, worauf sie Palmarum 1821 vom Herrn Musikdirektor Apel aus Kiel eingeweiht wurde. Fast ein Jahrhundert hat diese Orgel der Brügger Gemeinde gedient. Beim Umbau im Jahre 1907 wurde von derselben Firma, von einem Herrn Zachariassen aus Apenrade ein größeres herrliches Werk geliefert.“
Die Rechnung über den Umbau der Orgel liegt im Kirchenarchiv. Die Kosten betrugen 7.355 Mark. Herr Zachariassen war der neue Inhaber der Firma Marcussen und Sohn. Die Orgelbauteile wurden diesmal mit der Bahn bis zur Station Bordesholm Bahnhof geliefert. Den Weitertransport zur Kirche übernahm die Kirchengemeinde. Eine Überholung der Orgel wurde 1953 vorgenommen.
1975 fand eine General-Renovierung der Orgel statt. Das Spielwerk wurde vollkommen erneuert und ein neuer Spieltisch eingebaut. Der Orgelbaumeister Rudolf Neuthor aus Kiel hat die Arbeiten ausgeführt.
Mit 22 Registern bei über 1600 Pfeifen verfügt die Brügger Orgel über ein musikalisches Volumen, das auch künstlerischem Spiel voll gerecht zu werden vermag.
Liebe Menschen in der Gemeinde und darüber hinaus!
Ich grüße Sie wieder von meinem Schreibtisch aus und hoffe, dass es Ihnen und den Ihren gut geht und Sie gesund sind. Hier auf dieser Seite, in der Bordesholmer Rundschau oder in den Schaukästen an der Kirche oder auf dem Friedhof erfahren Sie Neuigkeiten aus der Gemeinde immer am Anfang der Woche, solange wir keine Präsenzgottesdienste feiern.
Nun wünsche ich Ihnen erstmal eine schöne Woche, seien Sie Gott befohlen in dieser merkwürdigen Zeit und passen Sie bitte auf sich und Ihren Nachbarn auf!
Unten gebe ich Ihnen noch die üblichen Hinweise, gerne mit einem besonderen Hinweis auf Ostern. Auf der Internetseite des Kirchenkreises Altholstein lädt zu Ostern unser Propst zu einem digitalen Osterspaziergang ein.
Ich verbleibe mit den besten Wünschen für Sie
Ihr und Euer
Pastor
Henry Koop
Hier kommen noch die üblichen Hinweise:
Weitere religiöse Impulse finden Sie im Internet. Ich habe es schon in den vorherigen Briefen gesagt: Wenn Sie nicht so firm im Umgang mit dem Computer sind, lassen Sie sich von ihren Kindern oder Enkelkindern helfen, die können das.
Sie können auf den Seiten der Gemeinden aus der Eiderregion fündig werden, wenn Sie in der Nähe bleiben wollen: Schulensee, Kirchbarkau, Flintbek, Bordesholm aber auch auf den Seiten der anderen Nachbarn Bokhorst oder Nortorf.
Darüber hinaus auf den Seiten des Kirchenkreises Altholstein (zu Ostern ganz besonders - unser Propst Stefan Block lädt zu einem digitalen Osterspaziergang ein), der Nordkirche, der VELKD oder der EKD. Auch die neuen sozialen Medien bieten eine Menge. Suchen sie mal bei Instagram oder Facebook (aber seien Sie hier auch vorsichtig). Eine Fülle von religiösen Angeboten finden Sie ebenso in Funk und Fernsehen. Sie werden staunen, was es alles gibt.
Gerne mache ich wieder auf das Angebot des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg aufmerksam. Die Kirchengemeinde St. Jürgen sendet sonntags den Gottesdienst „Liveline“ aus der St. Jürgen-Kapelle. Schauen Sie mal rein. Es lohnt sich. Sie finden den Gottesdienst über die Internetseite der Kirchengemeinde St. Jürgen (www.st-juergen.de)
Und am Anfang der Woche erfahren Sie hier wieder die Neuigkeiten aus unserer Gemeinde mit einem religiösen Impuls, solange der Präsenzgottesdienst am Sonntag ausgesetzt ist.
Sie wissen, wenn wir in der Kirchengemeinde etwas tun können, dann melden Sie sich bitte.
Die Mitarbeiter/ -innen unserer Kirchengemeinde sind selbstverständlich ansprechbar.
In seelsorgerlichen Angelegenheiten erreichen Sie mich jederzeit telefonisch unter 04322/4014.
Die Kirche ist tagsüber für Sie zur Einkehr und zum Gebet geöffnet.