Liebe Menschen in der Kirchengemeinde St. Johannis!

Dies ist der 12. Brief an die Menschen in der Kirchengemeinde St. Johannis. 12 Wochen sind wir nun von dem Corona Virus und einer möglichen Infizierung bedroht. Die Maßnahmen, die in Deutschland zur Bekämpfung des Virus getroffen worden sind, scheinen allerdings zu greifen, anders als in anderen Staaten dieser Welt. Unser Leben normalisiert sich von Woche zu Woche, wenn auch die Mahnungen zur Vorsicht nicht weniger werden. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, warnte am Sonnabend ungeachtet der offiziell niedrigen Neuinfektionszahlen vor weitgehenden Lockerungen in der Corona-Krise.

Massenevents dürfen nach Ansicht von Montgomery auf gar keinen Fall wieder zugelassen werden. Eine Öffnung der Fußballstadien für Zuschauer "wäre verheerend und könnte uns wieder weit zurückwerfen". Auch Parteitage sollten in diesem Jahr abgesagt oder nur online abgehalten werden. Das Infektionsrisiko würde Montgomery zufolge auch durch eine völlige Öffnung der Schulen und Kitas steigen. Es gelte, den Mittelweg zu finden, um so viel Betreuung wie möglich zu gewährleisten. Für maximalen Infektionsschutz müssten die Kinder daheimbleiben. Aus psychologischer und pädagogischer Sicht müssten sie wieder betreut werden. Unsere Kita hat wieder schrittweise ihre Türen geöffnet. Wir werden sehen, wie es wird.

Eine ungewöhnliche Situation, wie ich finde. Irgendwie dazwischen, wenn man das so sagen kann. Abzuwägen gilt es, trotz der Gefahren. Einerseits - andererseits. Auch für Eltern ist das keine leichte Entscheidung. Bring ich mein Kind in die Kindertagesstätte oder nicht? „Oder nicht“ geht meist nicht, weil die Eltern ja wieder zur Arbeit müssen, es sei denn ein Elternteil ist für die Kinderbetreuung zuständig. Also ergeben wir uns und lassen geschehen, was eben geschieht. Ist das Blauäugigkeit oder Vertrauen? Ich hoffe, es ist Vertrauen. Ohne wird es auch nicht gehen.

Gestern war der Sonntag Trinitatis. An diesem Sonntag wird in den Gottesdiensten an die Dreieinigkeit Gottes gedacht. Ein nicht allzu leichtes Unterfangen.

Gott wirkt wie ein Vater vom Himmel herab. Er hat sich in Jesus Christus konkret gezeigt, und er wirkt fort, unter uns, durch seinen Geist. Wie das genau zusammenhängen kann, da stößt dann unser Denken allerdings auch an eine natürliche Grenze. Die Zisterziensermönche beispielsweise haben deshalb irgendwann gesagt, über die Trinität, das „Drei-in-Eins“ Gottes, solle nicht gepredigt werden, weil das einfach zu schwer zu verstehen sei. Statt über Gott zu lehren, kann man ihn schließlich ja einfach auch anbeten und sich so dem Geheimnis und dem Zauber nähern. Die Trinität ist schwer begreiflich zu machen. Wahrscheinlich kann man das dreifach vorgestellte Wesen Gottes, das immer auch Geheimnis bleibt, gar nicht treffend beschreiben oder gar erklären.

Nun war gestern der aaronitische Segen aus dem 6. Kapitel des 4. Buch Mose Predigttext. Dass wir es mit dem Segen zu tun haben und nicht allein mit der Dreieinigkeit Gottes, haben wir Martin Luther zu verdanken. Der Reformator hat seinerzeit die bekannte alttestamentliche Segensformel in trinitarischem Sinne ausgelegt und zugleich dafür gesorgt, dass sie zu einem festen Bestandteil des evangelischen Gottesdienstes wurde.

„Und der Herr redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.“

(4. Mose 6,22-27)

Die Segensformel steht in der Regel am Ende unserer Gottesdienste. Wie sich unschwer erkennen lässt, ist sie dreigliedrig:

„Der Herr segne dich und behüte dich.“

„Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“

„Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“

Für Luther war das Grund genug, die Formel auf Vater, Sohn und Geist hin auszulegen. Das erscheint mir allerdings recht problematisch. Nicht zu Unrecht wird uns Christen von jüdischer Seite häufig vorgeworfen, wir würden uns ihre heiligen Texte einfach aneignen und sie so auslegen, wie es uns gerade passt.

In der Tat steht der aaronitische Segen der Vorstellung von einem dreieinigen Gott so fern wie nur möglich. Er spricht von dem Gott Israels und immer nur von ihm, dem einen und einzigen Gott Israels.

Was bedeutet also Segen? Das kann man noch im Lateinischen sehen, wo segnen benedicere heißt: Gut sagen. Ob nun bei Trauungen, Kindstaufen, Gottesdiensten im Allgemeinden, wo es um das Leben geht, Trauerfeiern oder anderes, das, was wir vorhaben miteinander, wird „gut gesagt“.

Die Liebe zweier Menschen wird „gut gesagt“, das neue Leben wird „gut gesagt“, das Leben an sich wird „gut gesagt“, bei einer Trauerfeier nimmt der Segen die Trauer nicht weg. Die Trauernden haben noch einen weiten Weg vor sich und manche Träne muss vielleicht auch noch geweint werden, bis wieder Hoffnung und Zukunft kommen. Aber der Segen kann helfen, loszulassen und den Verstorbenen ganz in Gottes Hand zu geben.

Segnen heißt nicht, etwas gutreden oder gutheißen, was nicht gut ist. Segnen meint auch nicht absegnen wider besseres Denken und Wissen. Segnen heißt liebevoll ansehen. Den Menschen hinter der Angst, auf der Suche nach Liebe, in der Hoffnung auf Schutz, auf dem Weg aus der Trauer.

So ist der Segen etwas, das sowohl mit viel Vertrauen ausgesprochen wird aber ebenso auch mit viel Vertrauen angenommen werden muss. Beides ist notwendig, damit es wird, was es werden soll: Gut!

Es wird gut! Wir gehen mit viel Vertrauen in die nächste Zeit. Möge Gott uns dabei segnen!

Liebe Menschen in der Kirchengemeinde St. Johannis!

Wieder stehen wir vor einer spannenden Woche. Wir werden sehen, was sie uns bringt.

Ihnen wünsche ich wieder, dass Sie gesund sind und bleiben und dass Sie spüren, dass Sie behütet sind.

Wenn Sie etwas auf dem Herzen haben, gilt: Die Mitarbeiter/ -innen der Kirchengemeinde sind selbstverständlich für Sie da. In seelsorgerlichen Angelegenheiten erreichen Sie mich jederzeit telefonisch unter 04322/4014.
Die Kirche ist tagsüber für Sie zum Gebet geöffnet.

Handeln Sie besonnen, bleiben Sie behütet und achten Sie auf Ihren Nachbarn!

Ihr Pastor

Henry Koop

P.S.: https://youtu.be/JsHc3_4tiqU  :-)