Liebe Menschen in der Kirchengemeinde St. Johannis!

Wenn man mal was nicht soll oder darf, ist der Reiz danach, es trotzdem zu tun, noch ein bisschen größer! Mein Kühlschrank ist voll, die Speisekammer auch, auch die Gefriertruhe birgt noch so manche kulinarische Köstlichkeit, zum Trinken habe ich ebenso genug, auch Toilettenpapier ist in ausreichender Menge vorhanden, so dass ich mühelos eine Woche durchhalten kann, ohne das Haus zu verlassen, wie gesagt - mühelos.

Brot! Ach nee (!), das muss frisch sein - mindestens jeden zweiten Tag. Gott sei Dank, ich kann nochmal los. Ich hab einen Grund gefunden, der es mir erlaubt, doch noch einkaufen zu gehen. Ich kann nochmal raus, unter Leute, wenn auch auf Abstand. Vielleicht treffe ich ja jemanden, auf einen kurzen Klönschnack, selbstverständlich auf der Straße - mit zwei Meter Abstand.
So erging es mir am letzten Sonnabend. ich konnte noch einmal losfahren, um Brot zu kaufen, ja mindestens für zwei Tage, es kommen ja Feiertage. Und was soll ich sagen, ich war nicht der Einzige, der kein Brot mehr zuhause hatte.
Ein merkwürdiges Wochenende liegt hinter uns. Die Osterfeiertage einmal ohne Gottesdienste - sonst hätte ich wahrscheinlich gar keine Zeit gehabt, über einkaufen nachzudenken, weil die Osterpredigten noch nicht fertig gewesen wären. Nun aber war es anders. Ich hatte keine Predigten zu schreiben, weil keine Ostergottesdienste stattfinden sollten. Onlinegottesdienste machen wir in unserer Kirchengemeinde nicht. Wir haben nicht die entsprechende Ausrüstung dafür und es machen auch schon so viele Onlinegottesdienste. Da kann man sich gut einklinken.
Die anderen machen das ganz ordentlich. Die Klosterkirche war auf YouTube vertreten, Schulensee hat von der eigene Homepage übertragen, auch Flintbek versuchte sich Ostern online, unsere Pröpstin und Pröpste konnte man auf der Homepage des Kirchenkreises sehen und hören, die Bischöfe und Bischöfinnen auf der Seite der Nordkirche und auch die ökumenischen Geschwister bis zum Papst konnte man finden, wenn man denn wollte. Und viele andere auch und vieles noch dazu….
(Wenn man den Segen „Urbi et Orbi“ zu Ostern hört und man guten Willens ist, werden einem alle zeitlichen Sündenstrafen erlassen. Das fand ich theologisch im 21. Jahrhundert sehr interessant, auch ist es für das ökumenische Gespräch untereinander sicher interessant)
Ich habe so manches geschaut und war sehr angetan von der Vielfalt, die zu finden war und ja noch immer ist.
Wenn Sie einen Gottesdienst oder eine Andacht verpasst haben, vielleicht weil Sie ja nicht gleichzeitig alles gucken konnten, so können Sie das jetzt nach Ostern noch in Ruhe nachholen. Vielleicht mögen Sie noch ein wenig im Internet stöbern.

Ostern geht also auch so? Ja und nein natürlich! Ja, weil es nicht anders geht, es ist halt, wie es ist aber nein, weil christliches Sein immer in der Gemeinschaft gelebt und erlebt wird.
In der Gemeinschaft mit den Menschen in der Gemeinde, vor Ort und weltweit, und in der Gemeinschaft mit Gott.
Das Miteinander in der Kirche, die gemeinsamen Erfahrung am Karfreitag, die zurückgenommene Liturgie, der Chor der a-capella im Gottesdienst singt und so den Gemeindegesang begleitet, die Stille nach dem Gottesdienst, weil keine Glocken läuten. Schon der Vorabend, der Gründonnerstag, das Abendmahl mit den Konfirmanden und deren Eltern und Paten. Und dann, am Karfreitag um 15.00 Uhr die Totenglocke zur Sterbestunde Jesu und nach Karfreitag, die Stille am Karsamstag (wenn denn alle Brot zuhause gehabt hätten, mich eingeschlossen) und dann das strahlende Hallelujah zu Ostern, das Osterevangelium und der Osterruf „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.“ Die schönen, strahlenden Osterchoräle, von denen man nach der Passionszeit und der stillen Woche alle Strophen singen möchte, aus reine Freude! Und schließlich am Ostermontag der Familiengottesdienst mit Taufen und anschließendem Osterbrunch im Gemeindehaus, nachdem die Kinder die von den Vertretern der Kommunalgemeinde ausgelegten Ostereier gesucht haben. Und immer wieder die frohe Botschaft der Auferstehung.
So geht Ostern - jedenfalls bei uns in Brügge.
Ostern ist ein Geschehen natürlich vor Ort, bei dem wir aber nicht nur um uns selbst kreisen, sondern mit anderen die Hoffnung teilen, dass Not und Tod nicht das letzte Wort behalten werden. Wir dürfen darauf vertrauen, dass das Leben siegen wird über alles Unglück und alle Schmerzen dieser Welt.
Und damit ist Ostern eben nicht nur ein Geschehen vor Ort, sondern ein Geschehen das weltweit von Bedeutung ist. Auch der Papst segnet nicht ohne Grund am Ostersonntag „… urbi et orbi“ : „…. der Stadt und dem Erdkreis.“ Ostern vor Ort und natürlich weltweit. (Vom Ablass sehen wir mal jetzt ab.)

So sind wir in diesen Tagen natürlich in Gedanken bei uns, beklagen auch, dass wir einander nicht besuchen können in der Gemeinde, in den Familien - vor Ort eben.
Aber wir sind auch bei denen, die weltweit in ganz anderen Situationen leben müssen als wir, in Syrien, in den Flüchtlingslagern an der griechisch-türkischen Grenze, auf Lesbos, in Jordanien - weltweit eben.
Für alle - vor Ort und weltweit - gilt: wir dürfen darauf vertrauen, dass das Leben siegen wird über alles Unglück und alle Schmerzen dieser Welt. Und wir alle sind aufgerufen, dafür zu arbeiten. Allen gilt die frohe Botschaft des Ostermorgens: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.“

Wenn Ihr Weg Sie am Sonntag, auf Ihrem Osterspaziergang, zu unserer Kirche geführt hat, dann wartete auf Sie dort ein Ostergruß Ihrer Kirchengemeinde. Ich hoffe, Sie hatten ein bisschen Freude daran. Vielleicht konnten Sie ja auch jemandem einen Ostergruß mitbringen und überbringen. Möge er Sie in diesen Tagen an die frohe Kunde erinnern!

Bleiben Sie behütet, handeln Sie besonnen und achten Sie auf Ihren Nachbarn!

Ihr Pastor

Henry Koop

P.S.: Gewandhausorchester